Mit Bedacht entscheiden: Biosimilars oder Referenz-Biologika in der Schweiz

Die Ausgaben für verschreibungspflichtige Medikamente in der Schweiz steigen weiter an, wobei Biologika einen erheblichen Anteil an den Kosten haben. Obwohl diese Therapien wichtige Behandlungen für Krankheiten wie rheumatoide Arthritis, Colitis ulcerosa, Psoriasis-Arthritis, Morbus Crohn und andere darstellen, belasten ihre hohen Kosten die Gesundheitsbudgets zunehmend.

Laut einer Studie aus dem Jahr 2022, die in JAMA Network Open veröffentlicht wurde, betrugen die monatlichen Behandlungskosten für Originalpräparate in der Schweiz im Median 1'801 USD pro Patient, verglichen mit 1'351 USD für Biosimilars.

Dieser finanzielle Druck ist teilweise die Komplexität der Biologika zurückzuführen. Sie werden unter Verwendung lebender Zellen in streng kontrollierten Herstellungsprozessen produziert und sind daher in der Entwicklung und im Vertrieb teurer als herkömmliche Medikamente. Die Folge: höhere Preise für Biologika auf dem Schweizer Markt und zusätzlicher Druck auf die Gesundheitssysteme, die bereits mit steigenden Arzneimittelpreisen und begrenzten Budgets zu kämpfen haben.

Um diese Belastung zu verringern, haben viele Länder, darunter auch die Schweiz, Biosimilars eingeführt. Biosimilars zielen darauf ab, gleichwertige Behandlungsergebnisse zu niedrigeren Kosten zu erzielen. Wir werden in den folgenden Kapiteln näher auf sie eingehen.

Geben Sie in der Schweiz zu viel Geld für Referenz-Biologika aus?

Die Akzeptanz variiert erheblich zwischen den einzelnen Therapiebereichen: Biosimilars in der Onkologie und Immunologie sind stärker auf dem Markt vertreten, während die Akzeptanz in Bereichen wie Diabetes und Stoffwechselkrankheiten weiterhin gering ist. Auch regionale Unterschiede innerhalb der Schweiz spielen eine Rolle: Einige Kantone und Spitalsysteme unterstützen den Einsatz von Biosimilars aktiver durch Beschaffungsstrategien und die Gestaltung von Arzneimittellisten.

Diese Lücken haben messbare Konsequenzen. Demselben Bericht zufolge hätte die Schweiz im Jahr 2023 durch einen breiteren Einsatz von Biosimilars Gesundheitsausgaben in Höhe von 90 Millionen Franken vermeiden können. Verpasste Gelegenheiten wie diese verlangsamen die Bemühungen um eine Optimierung der Gesundheitskosten, belasten die Krankenhausbudgets und verringern das Potenzial für einen verbesserten Zugang zu kosteneffizienten Therapien.

Um zu verstehen, wie sich Biosimilars in die heutige Behandlungslandschaft einfügen, ist es wichtig, sich zunächst klar zu machen, wie sie sich von den Referenz-Biologika unterscheiden, die sie ersetzen sollen.

Was sind Biosimilar-Arzneimittel?

Gemäss dem schweizerischen Heilmittelgesetz (HMG) ist ein Biosimilar definiert als "ein Biologika, das einem von der Agentur zugelassenen Referenzpräparat hinreichend ähnlich ist und sich auf dessen Dokumentation bezieht".

Mit anderen Worten: Biosimilars sind sehr ähnliche Versionen von bereits zugelassenen biologischen Arzneimitteln, die so entwickelt werden, dass sie ihren Referenzprodukten in Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit entsprechen.

Die Entwicklung eines Biosimilars ist ein regulierter Prozess, der vor Ablauf der Exklusivität eines Referenzarzneimittels beginnt.

In der Schweiz werden alle Biosimilar-Arzneimittel von Swissmedic zugelassen. Diese Behörde folgt einem stufenweisen Zulassungsverfahren, um die therapeutische Gleichwertigkeit mit dem Referenzarzneimittel.

Was ist der Unterschied zwischen Referenz-Biologika und Biosimilars?

Biologische Arzneimittel (Biologika), einschließlich zielgerichteter Therapien wie monoklonaler Antikörper, haben dazu beigetragen, die Behandlungsmethoden für verschiedene Autoimmun- und Krebserkrankungen zu verändern. Da sie aus lebenden Organismen hergestellt werden, sind Biologika sehr empfindlich gegenüber den Herstellungsbedingungen und erfordern eine sorgfältige Handhabung, um die Produktkonsistenz zu gewährleisten.

Während das therapeutische Kernziel von Biosimilars und Referenz-Biologika dasselbe ist, unterscheiden sich ihre Entwicklungsstrategien. Biosimilars werden so entwickelt, dass sie der Struktur und Funktion des biologischen Referenzarzneimittels so nahe wie wissenschaftlich möglich kommen, wobei ein Reverse-Engineering-Modell verwendet wird, das sich auf das vorhandene Wissen über das Referenzarzneimittel stützt.

Der Unterschied liegt im Ausgangspunkt: Referenz-Biologika werden durch ursprüngliche Entdeckungen entwickelt, während Biosimilars so konzipiert sind, dass sie eine bestehende Behandlung widerspiegeln. Dieser Unterschied macht die Entwicklung von Biosimilars schneller und kosteneffizienter, während gleichzeitig die strengen Anforderungen an die therapeutische Äquivalenz erfüllt werden.

Warum Biosimilars nicht das Gleiche sind wie Generika

Obwohl Generika und Biosimilars beide darauf abzielen, den Zugang zu Behandlungen zu geringeren Kosten zu verbessern, unterscheiden sie sich grundlegend. Generika sind exakte chemische Kopien ihrer Referenzmedikamente.  Es handelt sich um kleine, einfache Moleküle, die identisch synthetisiert werden können und in der Regel auf der Grundlage von Bioäquivalenzstudien in gesunden Probanden ohne zusätzliche klinische Studien zugelassen werden.

Im Gegensatz zu Generika sind Biosimilars biologisch abgeleitet und natürlich variabel. Pharmazeutische Unternehmen müssen nachweisen, dass diese Unterschiede keine Auswirkungen auf die Sicherheit, Wirksamkeit oder Immunogenität haben. Aus diesem Grund durchlaufen Biosimilars einen eigenen Zulassungsweg, bei dem Qualitäts-, Funktions- und klinische Daten von Regulierungsbehörden wie Swissmedic überprüft werden.

Kosten, Zulassung und Zugang im Vergleich: Referenz-Biologika vs. Biosimilars

Der Entwicklungsprozess für die Zulassung von Biosimilar ist kürzer und gezielter als der von Originalpräparaten. Dieser Unterschied hat in der Praxis Auswirkungen auf den Durchschnittspreis eines Medikaments, den Markteintritt und den Zugang für Patienten.

Referenz-Biologika sind das Ergebnis umfassender Forschung und Entwicklungsprogramme. Dazu gehören die Identifizierung von Zielmolekülen, frühe Forschungsarbeiten und mehrere Phasen klinischer Versuche mit verschiedenen Patientengruppen. Dieser Prozess erstreckt sich in der Regel über mehr als ein Jahrzehnt und erfordert erhebliche Investitionen.

Biosimilars hingegen werden entwickelt, bevor das Patent oder die Exklusivitätsfrist für ein Referenzbiologikum abgelaufen ist. Da das Referenzprodukt seine Sicherheit und Wirksamkeit bereits unter Beweis gestellt hat, besteht das Ziel der Entwicklung von Biosimilars darin, die Ähnlichkeit zu beweisen, anstatt vollständige Daten vorzulegen, die seine Wirksamkeit und Anwendungssicherheit bestätigen.. Dies geschieht durch eine schrittweise Vergleichbarkeitsprüfung, die mit strukturellen und funktionellen Analysen beginnt und bis zu gezielten Studien reicht.

Da Biosimilars die Zeit, die Kosten und das Risiko einer frühen Entwicklungsphase vermeiden, kommen sie zu einem niedrigeren Preis auf den Markt.

Der Zugang zur Behandlung hängt auch davon ab, wie schnell sich die Gesundheitseinrichtungen an politische Veränderungen anpassen. Selbst wenn Biosimilars dieselben Krankheiten behandeln wie ihre Referenzpräparate, können Verzögerungen beim Markteintritt oder eine langsame Akzeptanz ihre Auswirkungen auf das Schweizer Gesundheitswesen begrenzen.

Substitution von Referenz-Biologika: Was die Schweizer Gesetzgebung jetzt zulässt

Bis vor kurzem war es Apothekern in der Schweiz nicht gestattet, verschriebene Referenzbiologika durch Biosimilars zu ersetzen. Im Gegensatz zu Generika erforderten Referenzbiologika die ausdrückliche Zustimmung des verschreibenden Arztes, selbst wenn eine erstattungsfähige Biosimilar-Alternative verfügbar war.

Dies änderte sich im Januar 2024, als eine Änderung der Versicherungsverordnung neue Bestimmungen für die Substitution einführte. Nach der aktualisierten Verordnung können Apotheker nun bestimmte Originalpräparate durch ein zugelassenes Biosimilar ersetzen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Ziel dieser Aktualisierung ist es, unnötige Arzneimittelkosten zu reduzieren und gleichzeitig die Qualität der Versorgung zu erhalten. Sie steht im Einklang mit den allgemeinen Bemühungen, die Ausgaben im Gesundheitswesen durch einen effizienteren Einsatz zugelassener Biosimilars zu optimieren.

Auch wenn die Substitution noch nicht flächendeckend ist, stellt die Änderung der Vorschriften für 2024 eine wichtige Veränderung des Schweizer Ansatzes zur Substitution von Biosimilars dar. Sie führt einen Hebel zur Kostendämpfung ein, der nicht nur von regulatorischen Erlaubnissen abhängt, sondern auch von der Kommunikation zwischen Verschreibern, Apothekern und Patienten.

Die politischen Änderungen, die die Substitution von Biosimilars in der Schweiz ermöglichen, sollen eine erschwinglichere Behandlung mit Referenz-Biologika unterstützen und den Zugang für Angehörige der Gesundheitsberufe und Patienten verbessern.

Sind Biosimilars wirklich genauso wirksam? Was die Daten zeigen

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Biosimilars sind häufig Gegenstand von Diskussionen, insbesondere in klinischen Umgebungen, in denen Referenz-Biologika seit Jahren verwendet werden. Um dies zu klären, verlangen die Behörden einen detaillierten Vergleich zwischen dem Biosimilar und seinem Referenzprodukt, der sich an etablierten wissenschaftlichen Kriterien orientiert.

Gemäss Swissmedic und der EMA muss ein Biosimilar in Bezug auf Sicherheit, Wirksamkeit und Immunogenität keine klinisch bedeutsamen Unterschiede zu seinem biologischen Referenzpräparat aufweisen. Dies wird durch einen schrittweisen Entwicklungsprozess bestätigt, der vergleichende analytische Tests, nicht-klinische Daten und mindestens eine klinische Studie an einer Zielpatientengruppe umfasst. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt dieses Modell und hat unter Richtlinien zur Förderung der Verwendung von qualitätsgesicherten Biosimilars herausgegeben.

In der EU wurden mehr als 90 Biosimilars von der EMA für verschiedene Therapiebereiche zugelassen. In der Schweiz waren bis Dezember 2023 43 Biosimilars von Swissmedic zugelassen, was ein stetig wachsendes Portfolio an Behandlungsoptionen widerspiegelt, das sich an europäischen Standards orientiert.

Eine Überprüfung durch die Europäische Kommission im Jahr 2019 kam zu dem Schluss, dass die in Europa zugelassenen Biosimilars ein vergleichbares Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil wie ihre Referenzarzneimittel aufweisen und dass die Überwachung nach der Markteinführung keine unerwarteten Unterschiede ergeben hat.

Für Angehörige der Gesundheitsberufe, die Behandlungsoptionen bewerten, untermauern diese Erkenntnisse die Schlussfolgerung, dass zugelassene Biosimilars eine zuverlässige und klinisch validierte Alternative zu ihren Referenzarzneimitteln darstellen. In der klinischen Praxis betrachten viele Angehörige der Gesundheitsberufe Biosimilars inzwischen als austauschbar, was die zu erwartenden Ergebnisse für die Patienten betrifft, insbesondere wenn die Sicherheit und Wirksamkeit nach der Zulassung durch solide Nachweise belegt ist.

Warum es sich lohnt zu wechseln: Wirtschaftliche Vorteile im Schweizer Kontext

Der Kostenunterschied zwischen Biosimilars und Referenz-Biologika hat direkte Auswirkungen auf das Schweizer Gesundheitssystem.

Gemäss dem 2024 Biosimilar Barometer hat die Schweiz durch die Substitution von Biosimilars und Generika sowie durch jährliche Preisanpassungen Einsparungen in Höhe von 707 Millionen Franken erzielt. Allerdings bleiben zusätzliche Einsparungen in Höhe von 180 Millionen Franken ungenutzt, was vor allem auf die uneinheitliche Einführung und unzureichende Nutzung erstatteter Biosimilars zurückzuführen ist.

Diese Zahlen deuten auf eine verpasste Gelegenheit hin. Obwohl Biosimilars zugelassen sind, erstattet werden und klinisch gleichwertig mit ihren Referenzprodukten sind, werden sie nicht in allen Therapiebereichen gleich häufig eingesetzt. In einigen Krankenhäusern, insbesondere dort, wo es bereits Ausschreibungsverfahren oder Beschaffungsverträge gibt, sind Biosimilars auf dem Vormarsch. In anderen Spitälern schränken Verschreibungsgewohnheiten und mangelnde Vertrautheit die Akzeptanz ein.

Für kantonale Systeme und öffentliche Spitäler hat es messbare Auswirkungen auf die Jahresbudgets, wenn sie sich weiterhin für teurere Originalpräparate entscheiden, obwohl gleichwertige Biosimilars verfügbar sind. Der Preisunterschied zwischen Referenz-Biologika und Biosimilars spiegelt sowohl die Komplexität der ursprünglichen Medikamentenentwicklung als auch die Möglichkeit wider, den Budgetdruck durch die Einführung kostengünstigerer Alternativen zu verringern.

Um die Akzeptanz zu verbessern, bedarf es mehr als einer behördlichen Genehmigung. Sie hängt von einer konsistenten Beschaffungspolitik, klinischem Vertrauen und einer klaren Anleitung zur Substitution ab. Die jüngste Änderung der Versicherungsverordnung bietet einen Weg nach vorn, aber umfassendere Fortschritte werden davon abhängen, wie schnell sich die Beteiligten über den Wert der Umstellung einig werden.

Letzte Überlegungen: Zeit, den Status Quo zu überdenken

Referenz-Arzneimittel haben den Patienten in der Schweiz klare klinische Vorteile gebracht. Wenn jedoch Biosimilar-Alternativen verfügbar, zugelassen und erstattet sind, wirft die ausschließliche Verwendung von Referenzpräparaten wichtige Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Kostenkontrolle und der langfristigen Tragbarkeit für das Gesundheitssystem.

Viele Spitäler und kantonale Systeme sind bereits dabei Einkaufsstrategien auf Biosimilars umzustellen. Für andere ist es vielleicht an der Zeit, bestehende Protokolle zu überprüfen und zu überlegen, ob die derzeitigen Verschreibungsmuster die gesamte Bandbreite der verfügbaren Optionen widerspiegeln.

Für Gesundheitsteams, die ihre Optionen evaluieren möchten, bietet iQone ein Portfolio zugelassener Biosimilars in den Bereichen Onkologie, Onkohämatologie, Rheumatologie, Gastroenterologie, Pneumologie, Allergologie und Dermatologie. Wenn Sie über die Entwicklungen bei der Einführung von Biosimilars und dem Zugang zu ihnen informiert bleiben möchten , besuchen Sie iqone-healthcare.com oder kontaktieren Sie unser Team.

Übermäßige Ausgaben für Referenz-Biologika FAQ

 

Sind Biosimilars genauso wirksam wie Referenz-Biologika?

Ja. Von Swissmedic und der EMA zugelassene Biosimilars dürfen keine klinisch bedeutsamen Unterschiede in der Sicherheit, Wirksamkeit oder Immunogenität im Vergleich zu ihren Referenzmedikamenten aufweisen. Dies wird durch analytische Studien, präklinische Daten und mindestens eine klinische Phase-3-Studie in einer zugelassenen Indikation nachgwiesen. 

Wie viel kosten Biosimilars im Vergleich zu Referenz-Biologika in der Schweiz?

Biosimilars kommen zu einem niedrigeren Preis auf den Markt als die Originalpräparate, oft mindestens 20 % weniger. Der genaue Preisunterschied variiert je nach Molekül, Therapiegebiet und Marktgrösse in der Schweiz, aber Biosimilars bieten in der Regel eine kostengünstigere Alternative, wenn mehrere Anbieter im Wettbewerb stehen. Diese Unterschiede spiegeln sich in den Preisen der Spezialitätenliste wider.

Können Apotheker in der Schweiz Referenz-Biologika substituieren?

Ab Januar 2024 dürfen Apotheker in der Schweiz bestimmte Referenz-Biologika unter bestimmten Bedingungen durch Biosimilars ersetzen. Dies ist erlaubt, wenn das Biosimilar in der Spezialitätenliste aufgeführt ist, die Anforderungen an die klinische Äquivalenz erfüllt und der verschreibende Arzt die Substitution nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat.

Warum werden immer noch Referenz-Biologika verwendet, wenn Biosimilars billiger sind?

Mehrere Faktoren beeinflussen die Verschreibung, darunter die klinische Vertrautheit mit Originalpräparaten, historische Beschaffungsverträge und die Vorsicht bei der Substitution. Obwohl Biosimilars in großem Umfang zugelassen und erstattet werden, ist die Akzeptanz in den verschiedenen Therapiebereichen und Einrichtungen nach wie vor uneinheitlich.